Informationen bei Flugausfall wegen Coronavirus SARS-CoV-2
von Kai-Julian Folkerts
Ein Flug ist wegen des Coronavirus abgesagt. Was tun?
Grundsätzlich ist eine Fluggesellschaft verpflichtet, dem Passagier die Flugscheinkosten zu erstatten, sofern der Flug wegen des Coronavirus abgesagt worden ist, oder nach Wahl des Passagiers diesem eine Ersatzbeförderung oder eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt anzubieten. Dies ergibt sich aus Artikel 8 der EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004. Anstelle einer Rückzahlung der Ticketkosten können Airlines auch einen Gutschein, aber nur mit schriftlichem Einverständnis des Passagiers, anbieten. Passagiere haben jedoch die Wahlfreiheit und können daher auf eine Auszahlung des Ticketpreises bestehen.
Gilt der Annullierungsgrund “Coronavirus” als außergewöhnlicher Umstand i.S.d. Artikel 5 Absatz 3 EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004?
Die EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 sichert Passagieren bestimmte Ansprüche zu, etwa bei Verspätungen oder Flugausfällen. Wenn jedoch sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen, kann die Fluggesellschaft nicht haftbar gemacht werden und ist nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet. Gemäß der Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, wenn der Grund für die Verspätung oder Annullierung außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft liegt.
Die EU-Kommission teilte am 18. März 2020 mit, dass die Coronavirus SARS-CoV-2 Pandemie bzw. die Maßnahmen zu deren Eindämmung als außergewöhnlicher Umstand zu bewerten seien. Fällt ein Flug aufgrund der Schließung von Grenzen oder eines Einreisestopps aus, haben Reisende keinen Anspruch auf Entschädigung, denn es handelt sich hierbei ebenfalls um einen außergewöhnlichen Umstand.
Oft geben Fluggesellschaften als Grund für die Stornierung an, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen habe. Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 können gleichwohl begründet sein, wenn die Fluggesellschaft den Flug aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen hat, für den Flug keine Einschränkungen durch Grenzschließungen vorlagen und es keine offizielle Reisewarnungen für das Zielgebiet gab.
Hat die Fluggesellschaft einen Passagier weniger als 14 Tage vor dem geplanten Abflug informiert, ist es möglich, dass ihm eine Entschädigung zustehen könnte. Hat die Fluggesellschaft den Flug jedoch mehr als 14 Tage im Voraus storniert, besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004.
Wer hat den Ticketpreis zu erstatten? Wer ist mein Ansprechpartner?
Grundsätzlich hat die Fluggesellschaft die Ticketkosten zu erstatten, unabhängig davon, wo der Flug gebucht oder an wen der Ticketpreis gezahlt wurde. Dies gilt auch dann, wenn der Flug über einen Reisemittler (z.B. expedia.de, Opodo, Check 24, einem anderen Onlinereiseportal oder aber über ein Reisebüro gebucht wurde), ist Anspruchsgegner die ausführende Fluggesellschaft.
Hat eine Fluggesellschaft für den Fall einer Annullierung eines Fluges die Ticketkosten auch dann zu erstatten, wenn die Coronavirus-Pandemie als außergewöhnlicher Umstand für den Grund der Flugannullierung genannt wird?
Nach Artikel 5 Abs. 3 EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 hat eine Fluggesellschaft zwar keine Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 EU-Fluggastrechte-VO zu leisten, wenn die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht. Die Ausgleichsleistungen betreffen aber den pauschalierten Entschädigungsanspruch bei einer Flugunregelmäßigkeit, nicht jedoch die Ansprüche auf Rückerstattung von Ticketkosten.
Da die Rückerstattungsansprüche bezüglich der Flugtickets aber nicht in Artikel 7 sondern in Artikel 8 EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 geregelt sind, auf den Artikel 5 Abs. 3 dieser Verordnung jedoch keinen Bezug nimmt, kann die Fluggesellschaft die Rückzahlung der Ticketkosten nicht mit dem Argument verweigern, der Flug sei wegen außergewöhnlicher Umstände abgesagt worden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Entscheidung zu Ausgleichsleistungen, die vor dem Hintergrund des Ausbruchs des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull spielte, klargestellt (EuGH, Urteil vom 31. 1. 2013 – Rs. C-12/11).
Rechtsanwalt Kai-Julian Folkerts steht Ihnen für eine weitergehende Beratung und Durchsetzung Ihrer reiserechtlichen Ansprüche gerne zur Verfügung.