BGH: Ausgleichsanspruch nach Fluggastrechteverordnung bei Verspätung eines Ersatzfluges

von Kai-Julian Folkerts

Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen Flüge von Frankfurt am Main nach Singapur mit Anschlussflug nach Sydney. Die Flüge auf beiden Teilstrecken sollten von der Beklagten selbst durchgeführt werden. Am Abflugtag annullierte die Beklagte den Flug von Frankfurt am Main nach Singapur und bot den Klägern als Ersatz einen Flug eines anderen Luftverkehrsunternehmens, der in etwa zur gleichen Zeit wie der ursprüngliche Flug am Folgetag in Singapur landen sollte. Tatsächlich jedoch verzögerte sich der Start des Ersatzfluges mit dem anderen Luftverkehrsunternehmen um ca. 16 Stunden, so dass die Kläger ihren ursprünglich geplanten Anschlussflug nach Sydney verpassten und mehr als 23 Stunden später an ihrem Endziel ankamen. Sie verlangten von dem beklagten Luftverkehrsunternehmen eine Ausgleichszahlung in Höhe von jeweils 600,- Euro gemäß Art. 5 Abs.1 lit. c) i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 lit. c) der Fluggastrechteverordnung.

Der BGH hat entschieden, dass es nur auf die faktische Verspätung ankommt.

Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Fluggastrechteverordnung normiert eine Entschädigungspflicht der Airlines bei der Annullierung von Flügen. Die Ausnahmen definiert die Vorschrift gleich mit: Keine Entschädigung gibt es, wenn die Fluggesellschaft die Passagiere weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit über die Streichung unterrichtet und ihnen einen Ersatzflug anbietet, der "es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen" (Nr. iii der Vorschrift).

Genau an diesen Wortlaut hielt sich der BGH. Die Karlsruher Richter stellten allein darauf ab, dass die klagenden Passiere ihr Ziel mit dem Ersatzflug 23 Stunden zu spät erreicht und damit die zulässige Zwei-Stunden-Grenze nach der geplanten Ankunftszeit weit überschritten hatten. Dass der Ersatzflug, wenn alles glatt gegangen wäre, die Voraussetzungen der Norm erfüllt und damit einen Entschädigungsanspruch ausgeschlossen hätte, ändert daran nichts.

Irrelevant ist nach dem BGH auch, ob die Fluggäste Ausgleichsansprüche gegen das Unternehmen haben, das den verspäteten Ersatzflug durchführt. Das könne an ihrem Anspruch gegen die ursprünglich zuständige Airline schon deshalb nichts ändern, weil eine Verspätung des Ersatzflugs nicht zwangsläufig und immer zu einem Ausgleichsanspruch führe, so der Senat. Wenn das ersatzweise durchführende Luftverkehrsunternehmen nicht dem Geltungsbereich der Fluggastrechte-Verordnung unterfällt oder dessen Verspätung weniger als drei Stunden beträgt, würden die Passagiere sonst leer ausgehen.

BGH, Urteil vom 10.10.2017 - Az.: X ZR 73/16

Rechtsanwalt Kai-Julian Folkerts steht Ihnen für eine weitergehende Beratung und Durchsetzung Ihrer reiserechtlichen Ansprüche gerne zur Verfügung.

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